English version
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
Praeambel
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen
beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu
dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses
Grundgesetz gegeben.
Die Deutschen in den Ländern Baden-Wuerttemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg,
Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-
Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und
Thueringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands
vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.
Art. 1
(1) Die Wuerde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schuetzen ist
Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveraeußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder
menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Art. 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persoenlichkeit, soweit er nicht die
Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmaeßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstoeßt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und koerperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der
Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen
werden.
Art. 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Maenner und Frauen sind gleichberechtigt.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religioesen oder politischen
Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Art. 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religioesen und
weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestoerte Religionsausuebung wird gewaehrleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen
werden. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu aeußern und
zu verbreiten und sich aus allgemein zugaenglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden
gewaehrleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den
gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der
persoenlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre
entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Art. 6
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natuerliche Recht der Eltern und die
zuvoerderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betaetigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten duerfen Kinder nur auf Grund eines
Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen
oder wenn die Kinder aus anderen Gruenden zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen
für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu
schaffen wie den ehelichen Kindern.
Art. 7
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes
am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den oeffentlichen Schulen mit Ausnahme der
bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsaetzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen
verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewaehrleistet. Private Schulen
als Ersatz für oeffentliche Schulen beduerfen der Genehmigung des Staates und
unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten
Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung
ihrer Lehrkraefte nicht hinter den oeffentlichen Schulen Zurückstehen und eine
Sonderung der Schueler nach den Besitzverhaeltnissen der Eltern nicht gefoerdert wird.
Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkraefte nicht genuegend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein
besonderes paedagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von
Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine oeffentliche Volksschule dieser Art.
in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Art. 8
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und
ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes beschraenkt werden.
Art. 9
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Taetigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen
oder die sich gegen die verfassungsmaeßige Ordnung oder gegen den Gedanken
der Voelkerverstaendigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Foerderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewaehrleistet.
Abreden, die dieses Recht einschraenken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf
gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a,
35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 duerfen sich nicht gegen
Arbeitskaempfe richten, die zur Wahrung und Foerderung der Arbeits- und
Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 gefuehrt werden.
Art. 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschraenkungen duerfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient
die Beschraenkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder
des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz
bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle
des Rechtsweges die Nachpruefung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und
Hilfsorgane tritt.
Art. 11
(1) Alle Deutschen genießen Freizuegigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für
die Faelle eingeschraenkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht
vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen wuerden oder in
denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche
demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekaempfung von
Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Ungluecksfaellen, zum
Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,
erforderlich ist.
Art. 12
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstaette frei zu
waehlen. Die Berufsausuebung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen
einer herkoemmlichen allgemeinen, für alle gleichen oeffentlichen
Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulaessig.
Art. 12a
(1) Maenner koennen vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den
Streitkraeften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet
werden.
(2) Wer aus Gewissensgruenden den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu
einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des
Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Naehere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der
Gewissensentscheidung nicht beeintraechtigen darf und auch eine Möglichkeit des
Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbaenden
der Streitkraefte und des Bundesgrenzschutzes steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen sind,
koennen im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen
Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der
Zivilbevoelkerung in Arbeitsverhaeltnisse verpflichtet werden; Verpflichtungen in
oeffentlich-rechtliche Dienstverhaeltnisse sind nur zur Wahrnehmung polizeilicher
Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben der oeffentlichen Verwaltung, die nur in
einem oeffentlich-rechtlichen Dienstverhaeltnis erfuellt werden koennen, zulaessig.
Arbeitsverhaeltnisse nach Satz 1 koennen bei den Streitkraeften, im Bereich ihrer
Versorgung sowie bei der oeffentlichen Verwaltung begruendet werden; Verpflichtungen in
Arbeitsverhaeltnisse im Bereiche der Versorgung der Zivilbevoelkerung sind nur zulaessig,
um ihren lebensnotwendigen Bedarf zu decken oder ihren Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitaets-
und Heilwesen sowie in der ortsfesten militaerischen Lazarettorganisation nicht auf
freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so koennen Frauen vom vollendeten achtzehnten
bis zum vollendeten fuenfundfuenfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie duerfen auf keinen
Fall Dienst mit der Waffe leisten.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle koennen Verpflichtungen nach Absatz 3
nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begruendet werden. Zur Vorbereitung auf
Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten
erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes die Teilnahme an
Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine
Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskraeften für die in Absatz 3 Satz
2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur
Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausuebung eines Berufs oder
den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
eingeschraenkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5 Satz 1
entsprechend.
Art. 13
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen duerfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die
in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort
vorgeschriebenen Form durchgefuehrt werden.
(3) Eingriffe und Beschraenkungen duerfen im uebrigen nur zur Abwehr einer gemeinen
Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes
auch zur Verhuetung dringender Gefahren für die oeffentliche Sicherheit und
Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekaempfung von
Seuchengefahr oder zum Schutze gefaehrdeter Jugendlicher vorgenommen werden.
Art. 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewaehrleistet. Inhalt und Schranken werden
durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit
dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulaessig. Sie darf nur durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art. und Ausmaß der
Entschaedigung regelt. Die Entschaedigung ist unter gerechter Abwaegung der Interessen
der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Hoehe der
Entschaedigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Art. 15
Grund und Boden, Naturschaetze und Produktionsmittel koennen zum Zwecke der
Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art. und Ausmaß der
Entschaedigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der
Gemeinwirtschaft überfuehrt werden. Für die Entschaedigung gilt Artikel 14
Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Art. 16
(1) Die deutsche Staatsangehoerigkeit darf nicht entzogen werden. Der
Verlust der Staatsangehoerigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und
gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene
dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Politisch
Verfolgte genießen Asylrecht.
Art. 17
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zustaendigen Stellen und
an die Volksvertretung zu wenden.
Art. 17a
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst koennen bestimmen, daß
für die Angehoerigen der Streitkraefte und des Ersatzdienstes waehrend der Zeit
des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild
frei zu aeußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), das
Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Artikel 17), soweit
es das Recht gewaehrt, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen
vorzubringen, eingeschraenkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevoelkerung
dienen, koennen bestimmen, daß die Grundrechte der Freizuegigkeit (Artikel 11) und
der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschraenkt werden.
Art. 18
Wer die Freiheit der Meinungsaeußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5
Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die
Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das
Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16 Abs. 2) zum Kampfe gegen die
freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte.
Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht
ausgesprochen
Art. 19
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes eingeschraenkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur
für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inlaendische juristische Personen, soweit sie
ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die oeffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der
Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zustaendigkeit nicht begruendet ist, ist der
ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberuehrt.
Art. 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der Rechtsprechung ausgeuebt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmaeßige Ordnung, die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen
das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Art. 21
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gruendung
ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsaetzen entsprechen. Sie
muessen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr
Vermögen oeffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhaenger darauf
ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeintraechtigen oder zu
beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefaehrden, sind
verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das
Bundesverfassungsgericht.
(3) Das Naehere regeln Bundesgesetze.
Art. 22
Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.
Art. 23 (aufgehoben)
Art. 24
(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen
übertragen.
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver
Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschraenkungen seiner Hoheitsrechte
einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den
Voelkern der Welt herbeifuehren und sichern.
(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund Vereinbarungen
über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale
Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.
Art. 25
Die allgemeinen Regeln des Voelkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie
gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die
Bewohner des Bundesgebietes.
Art. 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Voelker zu stoeren, insbesondere die Fuehrung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegsfuehrung bestimmte Waffen duerfen nur mit Genehmigung der
Bundesregierung hergestellt, befoerdert und in Verkehr gebracht werden. Das Naehere
regelt ein Bundesgesetz.
Art. 27
Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche Handelsflotte.
Art. 28
(1) Die verfassungsmaeßige Ordnung in den Ländern muß den
Grundsaetzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im
Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden
muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien,
gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. In Gemeinden kann an die Stelle
einer gewaehlten Koerperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewaehrleistet sein, alle Angelegenheiten der
oertlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.
Auch die Gemeindeverbaende haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches
nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung.
(3) Der Bund gewaehrleistet, daß die verfassungsmaeßige Ordnung der
Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absaetze 1 und 2 entspricht.
Art. 29
(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewaehrleisten, daß die
Länder nach Groeße und Leistungsfaehigkeit die ihnen obliegenden
Aufgaben wirksam erfuellen koennen. Dabei sind die landsmannschaftliche
Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhaenge, die wirtschaftliche
Zweckmaessigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu
beruecksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch
Bundesgesetz, das der Bestaetigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen
Länder sind zu hoeren.
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder
Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene
Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie
bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet
werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten
Landes kommt zustande, wenn in dessen kuenftigem Gebiet und insgesamt in den
Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehoerigkeit im
gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der nderung zustimmt. Er
kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit
die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem
Gebietsteil, dessen Zugehoerigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll,
eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im
Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung
ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhaengenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum,
dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner
hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren
gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehoerigkeit
herbeigefuehrt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu
bestimmen, ob die Landeszugehoerigkeit gemaeß Absatz 2 geändert wird,
oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.
(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz
vorzuschlagende Änderung der Landeszugehoerigkeit Zustimmung findet. Das
Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschlaege der Volksbefragung
vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der
Landeszugehoerigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu
bestimmen, ob die Landeszugehoerigkeit gemaeß Absatz 2 geändert wird.
Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des
Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren
nach der Durchfuehrung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des
vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestaetigung durch Volksentscheid nicht
mehr bedarf.
(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der
abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag
Wahlberechtigten umfaßt. Im uebrigen wird das Naehere über Volksentscheid,
Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch
vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fuenf Jahren nicht
wiederholt werden koennen.
(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder koennen durch
Staatsvertraege der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung
des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehoerigkeit geändert
werden soll, nicht mehr als 10.000 Einwohner hat. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages
bedarf. Es muß die Anhoerung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.
Art. 30
Die Ausuebung der staatlichen Befugnisse und die Erfuellung der staatlichen Aufgaben ist
Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder
zulaeßt.
Art. 31
Bundesrecht bricht Landesrecht.
Art. 32
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswaertigen Staaten ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen Verhaeltnisse eines Landes
beruehrt, ist das Land rechtzeitig zu hoeren.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zustaendig sind, koennen sie mit
Zustimmung der Bundesregierung mit auswaertigen Staaten Vertraege abschließen.
Art. 33
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbuergerlichen Rechte und
Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befaehigung und fachlichen Leistung
gleichen Zugang zu jedem oeffentlichen Amte.
(3) Der Genuß buergerlicher und staatsbuergerlicher Rechte, die Zulassung zu
oeffentlichen Aemtern sowie die im oeffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind
unabhaengig von dem religioesen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehoerigkeit
oder Nichtzugehoerigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil
erwachsen.
(4) Die Ausuebung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als staendige Aufgabe in der Regel
Angehoerigen des oeffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem oeffentlich-
rechtlichen Dienst- und Treueverhaeltnis stehen.
(5) Das Recht des oeffentlichen Dienstes ist unter Beruecksichtigung der hergebrachten
Grundsaetze des Berufsbeamtentums zu regeln.
Art. 34
Verletzt jemand in Ausuebung eines ihm anvertrauten oeffentlichen Amtes die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit
grundsaetzlich den Staat oder die Koerperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz
oder grober Fahrlaessigkeit bleibt der Rueckgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf
Schadensersatz und für den Rueckgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht
ausgeschlossen werden.
Art. 35
(1) Alle Behoerden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und
Amtshilfe.
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der oeffentlichen Sicherheit oder
Ordnung kann ein Land in Faellen von besonderer Bedeutung Kraefte und Einrichtungen
des Bundesgrenzschutzes zur Unterstuetzung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei
ohne diese Unterstuetzung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten
erfuellen koennte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders
schweren Ungluecksfall kann ein Land Polizeikraefte anderer Länder, Kraefte und
Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der
Streitkraefte anfordern.
(3) Gefaehrdet die Naturkatastrophe oder der Ungluecksfall das Gebiet mehr als eines
Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekaempfung erforderlich
ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikraefte anderen Ländern
zur Verfuegung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der
Streitkraefte zur Unterstuetzung der Polizeikraefte einsetzen. Maßnahmen der
Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im uebrigen
unverzueglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.
Art. 36
(1) Bei den obersten Bundesbehoerden sind Beamte aus allen Ländern in
angemessenem Verhaeltnis zu verwenden. Die bei den uebrigen Bundesbehoerden
beschaeftigten Personen sollen in der Regel aus dem Lande genommen werden, in dem
sie taetig sind.
(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des Bundes in Länder und ihre
besonderen landsmannschaftlichen Verhaeltnisse zu beruecksichtigen.
Art. 37
(1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem anderen Bundesgesetze
obliegenden Bundespflichten nicht erfuellt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des
Bundeszwanges zur Erfuellung seiner Pflichten anzuhalten.
(2) Zur Durchfuehrung des Bundeszwanges hat die Bundesregierung oder ihr Beauftragter
das Weisungsrecht gegenüber allen Ländern und ihren Behoerden.
Art. 38
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer,
freier, gleicher und geheimer Wahl gewaehlt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an
Auftraege und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; waehlbar ist, wer das
Alter erreicht hat, mit dem die Volljaehrigkeit eintritt.
(3) Das Naehere bestimmt ein Bundesgesetz.
Art. 39
(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewaehlt. Seine Wahlperiode endet mit dem
Zusammentritt eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet fruehestens fuenfundvierzig,
spaetestens siebenundvierzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt. Im Falle einer
Aufloesung des Bundestages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spaetestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.
(3) Der Bundestag bestimmt den Schluß und den Wiederbeginn seiner Sitzungen.
Der Praesident des Bundestages kann ihn frueher einberufen. Er ist hierzu verpflichtet,
wenn ein Drittel der Mitglieder, der Bundespraesident oder der Bundeskanzler es
verlangen.
Art. 40
(1) Der Bundestag waehlt seinen Praesidenten, dessen Stellvertreter und die
Schriftfuehrer. Er gibt sich eine Geschaeftsordnung.
(2) Der Praesident uebt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebaeude des
Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung darf in den Raeumen des Bundestages
keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
Art. 41
(1) Die Wahlpruefung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob ein
Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat.
(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das
Bundesverfassungsgericht zulaessig.
(3) Das Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 42
(1) Der Bundestag verhandelt oeffentlich. Auf Antrag eines Zehntels seiner Mitglieder oder
auf Antrag der Bundesregierung kann mit Zweidrittelmehrheit die ffentlichkeit
ausgeschlossen werden. Über den Antrag wird in nichtoeffentlicher Sitzung
entschieden.
(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen
erforderlich, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Für die vom
Bundestage vorzunehmenden Wahlen kann die Geschaeftsordnung Ausnahmen
zulassen.
(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die oeffentlichen Sitzungen des Bundestages
und seiner Ausschuesse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.
Art. 43
(1) Der Bundestag und seine Ausschuesse koennen die Anwesenheit jedes Mitgliedes der
Bundesregierung verlangen.
(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten
haben zu allen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschuesse Zutritt. Sie muessen
jederzeit gehoert werden.
Art. 44
(1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die
Pflicht, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, der in oeffentlicher Verhandlung
die erforderlichen Beweise erhebt. Die ffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.
(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den Strafprozeß
sinngemaeß Anwendung. Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleibt
unberuehrt.
(3) Gerichte und Verwaltungsbehoerden sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet.
(4) Die Beschluesse der Untersuchungsausschuesse sind der richterlichen Eroerterung
entzogen. In der Wuerdigung und Beurteilung des der Untersuchung zugrunde liegenden
Sachverhaltes sind die Gerichte frei.
Art. 45 (aufgehoben)
Art. 45a
(1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für auswaertige Angelegenheiten
und einen Ausschuß für Verteidigung.
(2) Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte eines
Untersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht,
eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.
(3) Artikel 44 Abs. 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigung keine Anwendung.
Art. 45b
Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausuebung der
parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauftragter des Bundestages berufen. Das
Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 45c
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuß, dem die Behandlung der nach
Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überpruefung von Beschwerden regelt ein
Bundesgesetz.
Art. 46
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer
Aeußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschuesse getan hat,
gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur
Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter nur mit
Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei
denn, daß er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages
festgenommen wird.
(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderen Beschraenkung der
persoenlichen Freiheit eines Abgeordneten oder zur Einleitung eines Verfahrens gegen
einen Abgeordneten gemaeß Artikel 18 erforderlich.
(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemaeß Artikel 18 gegen einen
Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschraenkung seiner persoenlichen Freiheit
sind auf Verlangen des Bundestages auszusetzen.
Art. 47
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als
Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie
über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses
Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstuecken
unzulaessig.
Art. 48
(1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung
seiner Wahl erforderlichen Urlaub.
(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen
und auszuueben. Eine Kuendigung oder Entlassung aus diesem Grunde ist unzulaessig.
(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhaengigkeit
sichernde Entschaedigung. Sie haben das Recht der freien Benutzung aller staatlichen
Verkehrsmittel. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 49 (aufgehoben)
Art. 50
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des
Bundes mit.
Art. 51
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie
bestellen und abberufen. Sie koennen durch andere Mitglieder ihrer Regierungen
vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen
Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fuenf,
Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen
eines Landes koennen nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren
Vertreter abgegeben werden.
Art. 52
(1) Der Bundesrat waehlt seinen Praesidenten auf ein Jahr.
(2) Der Praesident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn einzuberufen, wenn die Vertreter
von mindestens zwei Ländern oder die Bundesregierung es verlangen.
(3) Der Bundesrat faßt seine Beschluesse mit mindestens der Mehrheit seiner
Stimmen. Er gibt sich eine Geschaeftsordnung. Er verhandelt oeffentlich. Die ffentlichkeit
kann ausgeschlossen werden.
(4) Den Ausschuessen des Bundesrates koennen andere Mitglieder oder Beauftragte der
Regierungen der Länder angehoeren.
Art. 53
Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und auf Verlangen die Pflicht, an
den Verhandlungen des Bundesrates und seiner Ausschuesse teilzunehmen. Sie
muessen jederzeit gehoert werden. Der Bundesrat ist von der Bundesregierung über
die Fuehrung der Geschaefte auf dem laufenden zu halten.
Art. 53a
(1) Der Gemeinsame Ausschuß besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des
Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten
werden vom Bundestage entsprechend dem Staerkeverhaeltnis der Fraktionen bestimmt;
sie duerfen nicht der Bundesregierung angehoeren. Jedes Land wird durch ein von ihm
bestelltes Mitglied des Bundesrates vertreten; diese Mitglieder sind nicht an Weisungen
gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen Ausschusses und sein Verfahren werden durch
eine Geschaeftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen ist und der
Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuß über ihre
Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten. Die Rechte des Bundestages
und seiner Ausschuesse nach Artikel 43 Abs. 1 bleiben unberuehrt.
Art. 54
(1) Der Bundespraesident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewaehlt.
Waehlbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das
vierzigste Lebensjahr vollendet hat.
(2) Das Amt des Bundespraesidenten dauert fuenf Jahre. Anschließende Wiederwahl
ist nur einmal zulaessig.
(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und einer
gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach
den Grundsaetzen der Verhaeltniswahl gewaehlt werden.
(4) Die Bundesversammlung tritt spaetestens dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit
des Bundespraesidenten, bei vorzeitiger Beendigung spaetestens dreißig Tage nach
diesem Zeitpunkt zusammen. Sie wird von dem Praesidenten des Bundestages
einberufen.
(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes 4 Satz 1 mit dem ersten
Zusammentritt des Bundestages.
(6) Gewaehlt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung
erhaelt. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgaengen von keinem Bewerber erreicht, so ist
gewaehlt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
(7) Das Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 55
(1) Der Bundespraesident darf weder der Regierung noch einer gesetzgebenden
Koerperschaft des Bundes oder eines Landes angehoeren.
(2) Der Bundespraesident darf kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen
Beruf ausueben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb
gerichteten Unternehmens angehoeren.
Art. 56
Der Bundespraesident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern
des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:
'Ich schwoere, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen,
seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des
Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfuellen und Gerechtigkeit
gegen jedermann ueben werde. So wahr mir Gott helfe.'
Der Eid kann auch ohne religioese Beteuerung geleistet werden.
Art. 57
Die Befugnisse des Bundespraesidenten werden im Falle seiner Verhinderung oder bei
vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Praesidenten des Bundesrates
wahrgenommen.
Art. 58
Anordnungen und Verfuegungen des Bundespraesidenten beduerfen zu ihrer Gueltigkeit
der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zustaendigen
Bundesminister. Dies gilt nicht für die Ernennung und Entlassung des
Bundeskanzlers, die Aufloesung des Bundestages gemaeß Artikel 63 und das
Ersuchen gemaeß Artikel 69 Abs. 3.
Art. 59
(1) Der Bundespraesident vertritt den Bund voelkerrechtlich. Er schließt im Namen
des Bundes die Vertraege mit auswaertigen Staaten. Er beglaubigt und empfaengt die
Gesandten.
(2) Vertraege, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf
Gegenstaende der Bundesgesetzgebung beziehen, beduerfen der Zustimmung oder der
Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zustaendigen Koerperschaften
in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die
Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.
Art. 59a (aufgehoben)
Art. 60
(1) Der Bundespraesident ernennt und entlaeßt die Bundesrichter, die
Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere, soweit gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist.
(2) Er uebt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht aus.
(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behoerden übertragen.
(4) Die Absaetze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundespraesidenten
entsprechende Anwendung.
Art. 61
(1) Der Bundestag oder der Bundesrat koennen den Bundespraesidenten wegen
vorsaetzlicher Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes vor
dem Bundesverfassungsgericht anklagen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage
muß von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundestages oder einem
Viertel der Stimmen des Bundesrates gestellt werden. Der Beschluß auf Erhebung
der Anklage bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages oder
von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftragten
der anklagenden Koerperschaft vertreten.
(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Bundespraesident einer
vorsaetzlichen Verletzung des Grundgesetzes oder eines anderen Bundesgesetzes
schuldig ist, so kann es ihn des Amtes für verlustig erklaeren. Durch einstweilige
Anordnung kann es nach der Erhebung der Anklage bestimmen, daß er an der
Ausuebung seines Amtes verhindert ist.
Art. 62
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern.
Art. 63
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespraesidenten vom Bundestage
ohne Aussprache gewaehlt.
(2) Gewaehlt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich
vereinigt. Der Gewaehlte ist vom Bundespraesidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewaehlt, so kann der Bundestag binnen vierzehn
Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Haelfte seiner Mitglieder einen
Bundeskanzler waehlen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzueglich ein
neuer Wahlgang statt, in dem gewaehlt ist, wer die meisten Stimmen erhaelt. Vereinigt der
Gewaehlte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so
muß der Bundespraesident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen.
Erreicht der Gewaehlte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespraesident binnen sieben
Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzuloesen.
Art. 64
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom
Bundespraesidenten ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor
dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.
Art. 65
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und traegt dafür die
Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen
Geschaeftsbereich selbstaendig und unter eigener Verantwortung. Über
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die
Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschaefte nach einer von der
Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespraesidenten genehmigten
Geschaeftsordnung.
Art. 65a
Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und Kommandogewalt
über die Streitkraefte.
Art. 66
Der Bundeskanzler und die Bundesminister duerfen kein anderes besoldetes Amt, kein
Gewerbe und keinen Beruf ausueben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des
Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehoeren.
Art. 67
(1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch
aussprechen, daß er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger waehlt und
den Bundespraesidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der
Bundespraesident muß dem Ersuchen entsprechen und den Gewaehlten
ernennen.
(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl muessen achtundvierzig Stunden liegen.
Art. 68
(1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die
Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespraesident
auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag
aufloesen. Das Recht zur Aufloesung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit
seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler waehlt.
(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung muessen achtundvierzig Stunden liegen.
Art. 69
(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinem Stellvertreter.
(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers endigt in jedem Falle mit
dem Zusammentritt eines neuen Bundestages, das Amt eines Bundesministers auch mit
jeder anderen Erledigung des Amtes des Bundeskanzlers.
(3) Auf Ersuchen des Bundespraesidenten ist der Bundeskanzler, auf Ersuchen des
Bundeskanzlers oder des Bundespraesidenten ein Bundesminister verpflichtet, die
Geschaefte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzufuehren.
Art. 70
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz
nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zustaendigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt
sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und
die konkurrierende Gesetzgebung.
Art. 71
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder
die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze
ausdruecklich ermaechtigt werden.
Art. 72
(1) Im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis
zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrechte
keinen Gebrauch macht.
(2) Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetzgebungsrecht, soweit ein Beduerfnis nach
bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil
1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht wirksam
geregelt werden kann oder
2. die Regelung einer Angelegenheit durch ein Landesgesetz die Interessen anderer
Länder oder der Gesamtheit beeintraechtigen koennte oder
3. die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der
Einheitlichkeit der Lebensverhaeltnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie
erfordert.
Art. 73
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
1. die auswaertigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des
Schutzes der Zivilbevoelkerung;
2. die Staatsangehoerigkeit im Bunde;
3. die Freizuegigkeit, das Paßwesen, die Ein- und Auswanderung und die
Auslieferung;
4. das Waehrungs-, Geld- und Muenzwesen, Masse und Gewichte sowie die
Zeitbestimmung;
5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsvertraege, die
Freizuegigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem
Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
6. die Bundeseisenbahnen und den Luftverkehr;
7. das Post- und Fernmeldewesen;
8. die Rechtsverhaeltnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren
Koerperschaften des oeffentlichen Rechtes stehenden Personen;
9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a) in der Kriminalpolizei,
b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der
Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
c) zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt
oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswaertige Belange der Bundesrepublik
Deutschland gefaehrden, sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die
internationale Verbrechensbekaempfung;
11. die Statistik für Bundeszwecke.
Art. 74
Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
1. das buergerliche Recht, das Strafrecht und den Strafvollzug, die Gerichtsverfassung,
das gerichtliche Verfahren, die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2. das Personenstandswesen;
3. das Vereins- und Versammlungsrecht;
4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
4a. das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
5. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung in das Ausland;
6. die Angelegenheiten der Fluechtlinge und Vertriebenen;
7. die oeffentliche Fürsorge;
8. die Staatsangehoerigkeit in den Ländern;
9. die Kriegsschaeden und die Wiedergutmachung;
10. die Versorgung der Kriegsbeschaedigten und Kriegshinterbliebenen und
die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
10a. die Kriegsgraeber und Graeber anderer Opfer des Krieges und Opfer von
Gewaltherrschaft;
11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe,
Handel, Bank- und Boersenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen);
11a. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung
und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren,
die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die
Beseitigung radioaktiver Stoffe;
12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und
der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der
Arbeitslosenversicherung;
13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Foerderung der wissenschaftlichen
Forschung;
14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in
Betracht kommt;
15. die Überfuehrung von Grund und Boden, von Naturschaetzen und
Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16. die Verhuetung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17. die Foerderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung, die Sicherung der
Ernaehrung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die
Hochsee- und Kuestenfischerei und den Kuestenschutz;
18. den Grundstuecksverkehr, das Bodenrecht und das landwirtschaftliche Pachtwesen,
das Wohnungswesen, das Siedlungs- und Heimstaettenwesen;
19. die Maßnahmen gegen gemeingefaehrliche und übertragbare Krankheiten
bei Menschen und Tieren, die Zulassung zu aerztlichen und anderen
Heilberufen und zum Heilgewerbe, den Verkehr mit Arzneien, Heil- und
Betaeubungsmitteln und Giften;
19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhaeuser und die Regelung der
Krankenhauspflegesaetze;
20. den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln,
Bedarfsgegenstaenden, Futtermitteln und land- und forstwirtschaftlichem Saat- und
Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schaedlinge sowie den
Tierschutz;
21. die Hochsee- und Kuestenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den
Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden
Binnenwasserstraßen;
22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von
Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von
Gebuehren für die Benutzung oeffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23. die Schienenbahnen, die nicht Bundeseisenbahn sind, mit Ausnahme der
Bergbahnen;
24. die Abfallbeseitigung, die Luftreinhaltung und die Laermbekaempfung.
Art. 74a
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich ferner auf die Besoldung und
Versorgung der Angehoerigen des oeffentlichen Dienstes, die in einem oeffentlich-
rechtlichen Dienst- und Treueverhaeltnis stehen, soweit dem Bund nicht nach Artikel 73
Nr. 8 die ausschließliche Gesetzgebung zusteht.
(2) Bundesgesetze nach Absatz 1 beduerfen der Zustimmung des Bundesrates.
(3) Der Zustimmung des Bundesrates beduerfen auch Bundesgesetze nach Artikel 73 Nr.
8, soweit sie andere Maßstaebe für den Aufbau oder die Bemessung der
Besoldung und Versorgung einschließlich der Bewertung der Aemter oder andere
Mindest- oder Hoechstbetraege vorsehen als Bundesgesetze nach Absatz 1.
(4) Die Absaetze 1 und 2 gelten entsprechend für die Besoldung und Versorgung
der Landesrichter. Für Gesetze nach Artikel 98 Abs. 1 gilt Absatz 3 entsprechend.
Art. 75
Der Bund hat das Recht, unter den Voraussetzungen des Artikels 72 Rahmenvorschriften
zu erlassen über:
1. die Rechtsverhaeltnisse der im oeffentlichen Dienste der Länder, Gemeinden und
anderen Koerperschaften des oeffentlichen Rechtes stehenden Personen, soweit Artikel
74a nichts anderes bestimmt;
1a. die allgemeinen Grundsaetze des Hochschulwesens;
2. die allgemeinen Rechtsverhaeltnisse der Presse und des Films;
3. das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege;
4. die Bodenverteilung, die Raumordnung und den Wasserhaushalt;
5. das Melde- und Ausweiswesen.
Art. 76
(1) Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte
des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht.
(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunaechst dem Bundesrate zuzuleiten. Der
Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu
nehmen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den
Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbeduerftig bezeichnet hat, nach drei Wochen
dem Bundestage zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei
ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzueglich nach
Eingang dem Bundestage nachzureichen.
(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestage durch die Bundesregierung innerhalb
von drei Monaten zuzuleiten. Sie hat hierbei ihre Auffassung darzulegen.
Art. 77
(1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Sie sind nach ihrer
Annahme durch den Praesidenten des Bundestages unverzueglich dem Bundesrate
zuzuleiten.
(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang des Gesetzesbeschlusses
verlangen, daß ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für
die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß einberufen wird. Die
Zusammensetzung und das Verfahren dieses Ausschusses regelt eine
Geschaeftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des
Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder des Bundesrates
sind nicht an Weisungen gebunden. Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des
Bundesrates erforderlich, so koennen auch der Bundestag und die Bundesregierung die
Einberufung verlangen. Schlaegt der Ausschuß eine Änderung des
Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut Beschluß zu fassen.
(3) Soweit zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann
der Bundesrat, wenn das Verfahren nach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom
Bundestage beschlossenes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Die
Einspruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit dem Eingange des vom
Bundestage erneut gefaßten Beschlusses, in allen anderen Faellen mit dem
Eingange der Mitteilung des Vorsitzenden des in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses,
daß das Verfahren vor dem Ausschusse abgeschlossen ist.
(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen des Bundesrates beschlossen, so
kann er durch Beschluß der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages
Zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit von
mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisung
durch den Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages.
Art. 78
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat
zustimmt, den Antrag gemaeß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des
Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn Zurücknimmt oder wenn der
Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.
Art. 79
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut
des Grundgesetzes ausdruecklich ändert oder ergaenzt. Bei voelkerrechtlichen
Vertraegen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den
Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der
Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genuegt zur Klarstellung,
daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem
Inkraftsetzen der Vertraege nicht entgegenstehen, eine Ergaenzung des Wortlautes des
Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschraenkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des
Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes
in Länder, die grundsaetzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung
oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsaetze beruehrt werden, ist
unzulaessig.
Art. 80
(1) Durch Gesetz koennen die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die
Landesregierungen ermaechtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei
muessen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermaechtigung im Gesetze
bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz
vorgesehen, daß eine Ermaechtigung weiter übertragen werden kann, so
bedarf es zur Übertragung der Ermaechtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Der Zustimmung des Bundesrates beduerfen, vorbehaltlich anderweitiger
bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines
Bundesministers über Grundsaetze und Gebuehren für die Benutzung der
Einrichtungen der Bundeseisenbahnen und des Post- und Fernmeldewesens, über
den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von
Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates beduerfen oder die von den
Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgefuehrt
werden.
Art. 80a
(1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz über die Verteidigung
einschließlich des Schutzes der Zivilbevoelkerung bestimmt, daß
Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels angewandt werden duerfen, so
ist die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur zulaessig, wenn der Bundestag
den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders
zugestimmt hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und die besondere Zustimmung in
den Faellen des Artikels 12a Abs. 5 Satz 1
und Abs. 6 Satz 2 beduerfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach Absatz 1 sind aufzuheben,
wenn der Bundestag es verlangt.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften auch auf der
Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulaessig, der von einem
internationalen Organ im Rahmen eines Buendnisvertrages mit Zustimmung der
Bundesregierung gefaßt wird. Maßnahmen nach diesem Absatz sind
aufzuheben, wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt.
Art. 81
(1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag nicht aufgeloest, so kann der
Bundespraesident auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates
für eine Gesetzesvorlage den Gesetzgebungsnotstand erklaeren, wenn der
Bundestag sie ablehnt, obwohl die Bundesregierung sie als dringlich bezeichnet hat. Das
gleiche gilt, wenn eine Gesetzesvorlage abgelehnt worden ist, obwohl der Bundeskanzler
mit ihr den Antrag des Artikels 68 verbunden hatte.
(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklaerung des
Gesetzgebungsnotstandes erneut ab oder nimmt er sie in einer für die
Bundesregierung als unannehmbar bezeichneten Fassung an, so gilt das Gesetz als
zustande gekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt. Das gleiche gilt, wenn die
Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb von vier Wochen nach der erneuten Einbringung
verabschiedet wird.
(3) Waehrend der Amtszeit eines Bundeskanzlers kann auch jede andere vom
Bundestage abgelehnte Gesetzesvorlage innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach
der ersten Erklaerung des Gesetzgebungsnotstandes gemaeß Absatz 1 und 2
verabschiedet werden. Nach Ablauf der Frist ist waehrend der Amtszeit des gleichen
Bundeskanzlers eine weitere Erklaerung des Gesetzgebungsnotstandes unzulaessig.
(4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das nach Absatz 2 zustande kommt, weder
geändert, noch ganz oder teilweise außer Kraft oder außer Anwendung
gesetzt werden.
Art. 82
(1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze
werden vom Bundespraesidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im
Bundesgesetzblatte verkuendet. Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie
erlaeßt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung im
Bundesgesetzblatte verkuendet.
(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens bestimmen.
Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des
Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.
Art. 83
Die Länder fuehren die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses
Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulaeßt.
Art. 84
(1) Fuehren die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln
sie die Einrichtung der Behoerden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht
Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine
Verwaltungsvorschriften erlassen.
(3) Die Bundesregierung uebt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder
die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemaeß ausfuehren. Die
Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehoerden
entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit
Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behoerden.
(4) Werden Maengel, die die Bundesregierung bei der Ausfuehrung der Bundesgesetze in
den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der
Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat.
Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht
angerufen werden.
(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, zur Ausfuehrung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen
werden, für besondere Faelle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer
wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten
Landesbehoerden zu richten.
Art. 85
(1) Fuehren die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des Bundes aus, so bleibt
die Einrichtung der Behoerden Angelegenheit der Länder, soweit nicht
Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen.
(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine
Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann die einheitliche Ausbildung der Beamten und
Angestellten regeln. Die Leiter der Mittelbehoerden sind mit ihrem Einvernehmen zu
bestellen.
(3) Die Landesbehoerden unterstehen den Weisungen der zustaendigen obersten
Bundesbehoerden. Die Weisungen sind, außer wenn die Bundesregierung es
für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehoerden zu richten. Der Vollzug der
Weisung ist durch die obersten Landesbehoerden sicherzustellen.
(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmaessigkeit und Zweckmaessigkeit der
Ausfuehrung. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Bericht und Vorlage der
Akten verlangen und Beauftragte zu allen Behoerden entsenden.
Art. 86
Fuehrt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch
bundesunmittelbare Koerperschaften oder Anstalten des oeffentlichen Rechtes aus, so
erlaeßt die Bundesregierung, soweit nicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, die
allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderes
bestimmt, die Einrichtung der Behoerden.
Art. 87
(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden gefuehrt der
Auswaertige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeseisenbahnen, die
Bundespost und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der
Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz koennen
Bundesgrenzschutzbehoerden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und
Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen
für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im
Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen auswaertige Belange der Bundesrepublik Deutschland
gefaehrden, eingerichtet werden.
(2) Als bundesunmittelbare Koerperschaften des oeffentlichen Rechtes werden diejenigen
sozialen Versicherungstraeger gefuehrt, deren Zustaendigkeitsbereich sich über das
Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
(3) Außerdem koennen für Angelegenheiten, für die dem Bunde die
Gesetzgebung zusteht, selbstaendige Bundesoberbehoerden und neue
bundesunmittelbare Koerperschaften und Anstalten des oeffentlichen Rechtes durch
Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die
Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so koennen bei dringendem Bedarf bundeseigene
Mittel- und Unterbehoerden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages errichtet werden.
Art. 87a
(1) Der Bund stellt Streitkraefte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmaeßige Staerke
und die Grundzuege ihrer Organisation muessen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung duerfen die Streitkraefte nur eingesetzt werden, soweit
dieses Grundgesetz es ausdruecklich zulaeßt.
(3) Die Streitkraefte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis,
zivile Objekte zu schuetzen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit
dies zur Erfuellung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den
Streitkraeften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch
zur Unterstuetzung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die
Streitkraefte wirken dabei mit den zustaendigen Behoerden zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche
demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung,
wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikraefte sowie
der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkraefte zur Unterstuetzung der Polizei und
des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekaempfung
organisierter und militaerisch bewaffneter Aufstaendischer einsetzen. Der Einsatz von
Streitkraeften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.
Art. 87b
(1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung mit eigenem
Verwaltungsunterbau gefuehrt. Sie dient den Aufgaben des Personalwesens und der
unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkraefte. Aufgaben der
Beschaedigtenversorgung und des Bauwesens koennen der Bundeswehrverwaltung nur
durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, übertragen
werden. Der Zustimmung des Bundesrates beduerfen ferner Gesetze, soweit sie die
Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen in Rechte Dritter ermaechtigen; das gilt nicht
für Gesetze auf dem Gebiete des Personalwesens.
(2) Im uebrigen koennen Bundesgesetze, die der Verteidigung einschließlich des
Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevoelkerung dienen, mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, daß sie ganz oder teilweise in bundeseigener Verwaltung
mit eigenem Verwaltungsunterbau oder von den Ländern im Auftrage des Bundes
ausgefuehrt werden. Werden solche Gesetze von den Ländern im Auftrage des
Bundes ausgefuehrt, so koennen sie mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen,
daß die der Bundesregierung und den zustaendigen obersten Bundesbehoerden auf
Grund des Artikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise
Bundesoberbehoerden übertragen werden; dabei kann bestimmt werden, daß
diese Behoerden beim Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschriften gemaeß
Artikel 85 Abs. 2 Satz 1 nicht der Zustimmung des Bundesrates beduerfen.
Art. 87c
Gesetze, die auf Grund des Artikels 74 Nr. 11a ergehen, koennen mit Zustimmung des
Bundesrates bestimmen, daß sie von den Ländern im Auftrage des Bundes
ausgefuehrt werden.
Art. 87d
(1) Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung gefuehrt.
(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, koennen
Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den Ländern als Auftragsverwaltung
übertragen werden.
Art. 88
Der Bund errichtet eine Waehrungs- und Notenbank als Bundesbank.
Art. 89
(1) Der Bund ist Eigentuemer der bisherigen Reichswasserstraßen.
(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch eigene Behoerden. Er nimmt
die über den Bereich eines Landes hinausgehenden staatlichen Aufgaben der
Binnenschiffahrt und die Aufgaben der Seeschiffahrt wahr, die ihm durch Gesetz
übertragen werden. Er kann die Verwaltung von Bundeswasserstraßen, soweit
sie im Gebiete eines Landes liegen, diesem Lande auf Antrag als Auftragsverwaltung
übertragen. Beruehrt eine Wasserstraße das Gebiet mehrerer Länder, so
kann der Bund das Land beauftragen, für das die betei
ligten Länder es beantragen.
(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasserstraßen sind die
Beduerfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den
Ländern zu wahren.
Art. 90
(1) Der Bund ist Eigentuemer der bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen.
(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zustaendigen
Selbstverwaltungskoerperschaften verwalten die Bundesautobahnen und sonstigen
Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.
(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnen und sonstige
Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in
bundeseigene Verwaltung übernehmen.
Art. 91
(1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche
demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann ein Land
Polizeikraefte anderer Länder sowie Kraefte und Einrichtungen anderer
Verwaltungen und des Bundesgrenzschutzes anfordern.
(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekaempfung der Gefahr bereit
oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die
Polizeikraefte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen sowie Einheiten des
Bundesgrenzschutzes einsetzen. Die Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im
uebrigen jederzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben. Erstreckt sich die Gefahr
auf das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur
wirksamen Bekaempfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen;
Satz 1 und Satz 2 bleiben unberuehrt.
Art. 91a
(1) Der Bund wirkt auf folgenden Gebieten bei der Erfuellung von Aufgaben der
Länder mit, wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit bedeutsam sind und die
Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhaeltnisse erforderlich ist
(Gemeinschaftsaufgaben):
1. Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken,
2. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur,
3. Verbesserung der Agrarstruktur und des Kuestenschutzes.
(2) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates werden die
Gemeinschaftsaufgaben naeher bestimmt. Das Gesetz soll allgemeine Grundsaetze
für ihre Erfuellung enthalten.
(3) Das Gesetz trifft Bestimmungen über das Verfahren und über
Einrichtungen für eine gemeinsame Rahmenplanung. Die Aufnahme eines
Vorhabens in die Rahmenplanung bedarf der Zustimmung des Landes, in dessen Gebiet
es durchgefuehrt wird.
(4) Der Bund traegt in den Faellen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 die Haelfte der Ausgaben in
jedem Land. In den Faellen des Absatzes 1 Nr. 3 traegt der Bund mindestens die Haelfte;
die Beteiligung ist für alle Länder einheitlich festzusetzen. Das Naehere regelt
das Gesetz. Die Bereitstellung der Mittel bleibt der Feststellung in den Haushaltsplaenen
des Bundes und der Länder vorbehalten.
(5) Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlangen über die Durchfuehrung der
Gemeinschaftsaufgaben zu unterrichten.
Art. 91b
Bund und Länder koennen auf Grund von Vereinbarungen bei der Bildungsplanung
und bei der Foerderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen
Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken. Die Aufteilung der
Kosten wird in der Vereinbarung geregelt.
Art. 92
Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das
Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen
Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeuebt.
Art. 93
(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:
1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten
über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder
anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschaeftsordnung eines
obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;
2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die foermliche und sachliche
Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die
Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der
Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des
Bundestages;
3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der
Länder, insbesondere bei der Ausfuehrung von Bundesrecht durch die Länder
und bei der Ausuebung der Bundesaufsicht;
4. in anderen oeffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bunde und den
Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes,
soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist;
4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben
werden koennen, durch die oeffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem
seiner in Artikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein;
4b. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbaenden
wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei
Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht
erhoben werden kann;
5. in den uebrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Faellen.
(2) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonst durch Bundesgesetz
zugewiesenen Faellen taetig.
Art. 94
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und anderen Mitgliedern.
Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Haelfte vom Bundestage
und vom Bundesrate gewaehlt. Sie duerfen weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der
Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehoeren.
(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahren und bestimmt, in
welchen Faellen seine Entscheidungen Gesetzeskraft haben. Es kann für
Verfassungsbeschwerden die vorherige Erschoepfung des Rechtsweges zur
Voraussetzung machen und ein besonderes Annahmeverfahren vorsehen.
Art. 95
(1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und
der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste Gerichtshoefe den
Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das
Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.
(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet der für das
jeweilige Sachgebiet zustaendige Bundesminister gemeinsam mit einem
Richterwahlausschuß, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zustaendigen
Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom
Bundestage gewaehlt werden.
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein Gemeinsamer Senat der in
Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 96
(1) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes ein
Bundesgericht errichten.
(2) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkraefte als Bundesgerichte
errichten. Sie koennen die Strafgerichtsbarkeit nur im Verteidigungsfalle sowie über
Angehoerige der Streitkraefte ausueben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von
Kriegsschiffen eingeschifft sind. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz. Diese Gerichte
gehoeren zum Geschaeftsbereich des Bundesjustizministers. Ihre hauptamtlichen Richter
muessen die Befaehigung zum Richteramt haben.
(3) Oberster Gerichtshof für die in Absatz 1 und 2 genannten Gerichte ist der
Bundesgerichtshof.
(4) Der Bund kann für Personen, die zu ihm in einem oeffentlich-rechtlichen
Dienstverhaeltnis stehen, Bundesgerichte zur Entscheidung in Disziplinarverfahren und
Beschwerdeverfahren errichten.
(5) Für Strafverfahren auf den Gebieten des Artikels 26 Abs. 1 und des
Staatsschutzes kann ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates vorsehen,
daß Gerichte der Länder Gerichtsbarkeit des Bundes ausueben.
Art. 97
(1) Die Richter sind unabhaengig und nur dem Gesetze unterworfen.
(2) Die hauptamtlich und planmaeßig endgueltig angestellten Richter koennen wider
ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gruenden und unter den
Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd
oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand
versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung
auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der
Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke koennen Richter an ein anderes Gericht
versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen
Gehaltes.
Art. 98
(1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderes Bundesgesetz zu regeln.
(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des Amtes gegen die
Grundsaetze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmaeßige Ordnung
eines Landes verstoeßt, so kann das Bundesverfassungsgericht mit
Zweidrittelmehrheit auf Antrag des Bundestages anordnen, daß der Richter in ein
anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist. Im Falle eines vorsaetzlichen
Verstoßes kann auf Entlassung erkannt werden.
(3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durch besondere
Landesgesetze zu regeln. Der Bund kann Rahmenvorschriften erlassen, soweit Artikel 74a
Abs. 4 nichts anderes bestimmt.
(4) Die Länder koennen bestimmen, daß über die Anstellung der Richter
in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam mit einem
Richterwahlausschuß entscheidet.
(5) Die Länder koennen für Landesrichter eine Absatz 2 entsprechende
Regelung treffen. Geltendes Landesverfassungsrecht bleibt unberuehrt. Die Entscheidung
über eine Richteranklage steht dem Bundesverfassungsgericht zu.
Art. 99
Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Landesgesetz die Entscheidung von
Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, den in Artikel 95 Abs. 1 genannten
obersten Gerichtshoefen für den letzten Rechtszug die Entscheidung in solchen
Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht
handelt.
Art. 100
(1) Haelt ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gueltigkeit es bei der Entscheidung ankommt,
für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die
Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für
Verfassungsstreitigkeiten zustaendigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die
Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung
dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines
Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Voelkerrechtes Bestandteil
des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen
erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von
einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes
eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Art. 101
(1) Ausnahmegerichte sind unzulaessig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter
entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete koennen nur durch Gesetz errichtet
werden.
Art. 102
Die Todesstrafe ist abgeschafft.
Art. 103
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehoer.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war,
bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals
bestraft werden.
Art. 104
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines foermlichen Gesetzes und nur unter
Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschraenkt werden. Festgehaltene
Personen duerfen weder seelisch noch koerperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulaessigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der
Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden
Freiheitsentziehung ist unverzueglich eine richterliche Entscheidung herbeizufuehren. Die
Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden laenger als bis zum Ende des
Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Naehere ist gesetzlich zu
regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorlaeufig Festgenommene ist
spaetestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzufuehren, der ihm die
Gruende der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu
Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzueglich entweder einen mit Gruenden
versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer
Freiheitsentziehung ist unverzueglich ein Angehoeriger des Festgehaltenen oder eine
Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Art. 104a
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes
bestimmt.
(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, traegt der Bund die sich daraus
ergebenden Ausgaben.
(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewaehren und von den Ländern
ausgefuehrt werden, koennen bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum
Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Haelfte der
Ausgaben oder mehr traegt, wird es im Auftrage des Bundes durchgefuehrt. Bestimmt das
Gesetz, daß die Länder ein Viertel der Ausgaben oder mehr tragen, so bedarf
es der Zustimmung des Bundesrates.
(4) Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeutsame
Investitionen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbaende) gewaehren, die zur
Abwehr einer Stoerung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich
unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Foerderung des
wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind. Das Naehere, insbesondere die Arten der zu
foerdernden Investitionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch
Verwaltungsvereinbarung geregelt.
(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behoerden entstehenden
Verwaltungsausgaben und haften im Verhaeltnis zueinander für eine
ordnungsmaeßige Verwaltung. Das Naehere bestimmt ein Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Art. 105
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zoelle und
Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die uebrigen Steuern, wenn
ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen
des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die oertlichen
Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich
geregelten Steuern gleichartig sind.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den
Gemeinden (Gemeindeverbaenden) ganz oder zum Teil zufließt, beduerfen der
Zustimmung des Bundesrates.
Art. 106
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen
dem Bund zu:
1. die Zoelle,
2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz
3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3. die Straßengueterverkehrsteuer,
4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchfuehrung des
Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6. die Ergaenzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Koerperschaftsteuer,
7. Abgaben im Rahmen der Europaeischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
1. die Vermögensteuer,
2. die Erbschaftsteuer,
3. die Kraftfahrzeugsteuer,
4. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3
Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
5. die Biersteuer,
6. die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Koerperschaftsteuer und der
Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu
(Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5
den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der
Koerperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Haelfte beteiligt. Die
Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz,
das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von
folgenden Grundsaetzen auszugehen:
1. Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder
gleichmaeßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der
Umfang der Ausgaben unter Beruecksichtigung einer mehrjaehrigen Finanzplanung zu
ermitteln.
2. Die Deckungsbeduerfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander
abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der
Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhaeltnisse im
Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen,
wenn sich das Verhaeltnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der
Länder wesentlich anders entwickelt. Werden den Ländern durch
Bundesgesetz zusaetzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die
Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch
mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen
Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsaetze für die Bemessung
dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu
bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der
von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der
Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Naehere bestimmt ein
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen,
daß die Gemeinden Hebesaetze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(6) Das Aufkommen der Realsteuern steht den Gemeinden, das Aufkommen der
oertlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach
Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaenden zu. Den Gemeinden
ist das Recht einzuraeumen, die Hebesaetze der Realsteuern im Rahmen der Gesetze
festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der
Realsteuern und der oertlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und
Länder koennen durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer
beteiligt werden. Das Naehere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der
Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung
koennen die Realsteuern und der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer
als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern
fließt den Gemeinden und Gemeindeverbaenden insgesamt ein von der
Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im uebrigen bestimmt die
Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den
Gemeinden (Gemeindeverbaenden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden
(Gemeindeverbaenden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder
Gemeinden (Gemeindeverbaenden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen
(Sonderbelastungen) verursachen, gewaehrt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn
und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbaenden) nicht zugemutet
werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschaedigungsleistungen Dritter und
finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbaenden) als
Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich beruecksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch
die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbaende).
Art. 107
(1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil am Aufkommen der
Einkommensteuer und der Koerperschaftsteuer stehen den einzelnen Ländern
insoweit zu, als die Steuern von den Finanzbehoerden in ihrem Gebiet vereinnahmt
werden (oertliches Aufkommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des
Bundesrates bedarf, sind für die Koerperschaftsteuer und die Lohnsteuer naehere
Bestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art. und Umfang der
Zerlegung des oertlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kann auch Bestimmungen
über die Abgrenzung und Zerlegung des oertlichen Aufkommens anderer Steuern
treffen. Der Länderanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer steht den einzelnen
Ländern nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu; für einen Teil,
hoechstens jedoch für ein Viertel dieses Länderanteils, koennen durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ergaenzungsanteile
für die Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus den Landessteuern
und aus der Einkommensteuer und der Koerperschaftsteuer je Einwohner unter dem
Durchschnitt der Länder liegen.
(2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen, daß die unterschiedliche Finanzkraft der
Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der
Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbaende) zu beruecksichtigen. Die
Voraussetzungen für die Ausgleichsansprueche der ausgleichsberechtigten
Länder und für die Ausgleichsverbindlichkeiten der ausgleichspflichtigen
Länder sowie die Maßstaebe für die Hoehe der Ausgleichsleistungen sind
in dem Gesetz zu bestimmen. Es kann auch bestimmen, daß der Bund aus seinen
Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergaenzenden Deckung ihres
allgemeinen Finanzbedarfs (Ergaenzungszuweisungen) gewaehrt.
Art. 108
(1) Zoelle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern
einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und die Abgaben im Rahmen der
Europaeischen Gemeinschaften werden durch Bundesfinanzbehoerden verwaltet. Der
Aufbau dieser Behoerden wird durch Bundesgesetz geregelt. Die Leiter der
Mittelbehoerden sind im Benehmen mit den Landesregierungen zu bestellen.
(2) Die uebrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehoerden verwaltet. Der Aufbau
dieser Behoerden und die einheitliche Ausbildung der Beamten koennen durch
Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Die Leiter der
Mittelbehoerden sind im Einvernehmen mit der Bundesregierung zu bestellen.
(3) Verwalten die Landesfinanzbehoerden Steuern, die ganz oder zum Teil dem Bund
zufließen, so werden sie im Auftrage des Bundes taetig. Artikel 85 Abs. 3 und 4 gilt
mit der Massgabe, daß an die Stelle der Bundesregierung der Bundesminister der
Finanzen tritt.
(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann bei der
Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesfinanzbehoerden
sowie für Steuern, die unter Absatz 1 fallen, die Verwaltung durch
Landesfinanzbehoerden und für andere Steuern die Verwaltung durch
Bundesfinanzbehoerden vorgesehen werden, wenn und soweit dadurch der Vollzug der
Steuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird. Für die den Gemeinden
(Gemeindeverbaenden) allein zufließenden Steuern kann die den
Landesfinanzbehoerden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder zum
Teil den Gemeinden (Gemeindeverbaenden) übertragen werden.
(5) Das von den Bundesfinanzbehoerden anzuwendende Verfahren wird durch
Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehoerden und in den Faellen des
Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden (Gemeindeverbaenden) anzuwendende Verfahren
kann durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.
(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz einheitlich geregelt.
(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen, und zwar mit
Zustimmung des Bundesrates, soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehoerden oder
Gemeinden (Gemeindeverbaenden) obliegt.
Art. 109
(1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbstaendig und voneinander
unabhaengig.
(2) Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.
(3) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, koennen für
Bund und Länder gemeinsam geltende Grundsaetze für das Haushaltsrecht,
für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjaehrige
Finanzplanung aufgestellt werden.
(4) Zur Abwehr einer Stoerung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts koennen durch
Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Vorschriften über
1. Hoechstbetraege, Bedingungen und Zeitfolge der Aufnahme von Krediten durch
Gebietskoerperschaften und Zweckverbaende und
2. eine Verpflichtung von Bund und Ländern, unverzinsliche Guthaben bei der
Deutschen Bundesbank zu unterhalten (Konjunkturausgleichsruecklagen), erlassen
werden. Ermaechtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen koennen nur der
Bundesregierung erteilt werden. Die Rechtsverordnungen beduerfen der Zustimmung des
Bundesrates. Sie sind aufzuheben, soweit der Bundestag es verlangt; das Naehere
bestimmt das Bundesgesetz.
Art. 110
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan einzustellen; bei
Bundesbetrieben und bei Sondervermögen brauchen nur die Zufuehrungen oder die
Ablieferungen eingestellt zu werden. Der Haushaltsplan ist in Einnahme und Ausgabe
auszugleichen.
(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre, nach Jahren
getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt.
Für Teile des Haushaltsplanes kann vorgesehen werden, daß sie für
unterschiedliche Zeitraeume, nach Rechnungsjahren getrennt, gelten.
(3) Die Gesetzesvorlage nach Absatz 2 Satz 1 sowie Vorlagen zur Änderung des
Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes werden gleichzeitig mit der Zuleitung an den
Bundesrat beim Bundestage eingebracht; der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von
sechs Wochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb von drei Wochen, zu den Vorlagen
Stellung zu nehmen.
(4) In das Haushaltsgesetz duerfen nur Vorschriften aufgenommen werden, die sich auf
die Einnahmen und die Ausgaben des Bundes und auf den Zeitraum beziehen, für
den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das Haushaltsgesetz kann vorschreiben,
daß die Vorschriften erst mit der Verkuendung des naechsten Haushaltsgesetzes
oder bei Ermaechtigung nach Artikel 115 zu einem spaeteren Zeitpunkt außer Kraft
treten.
Art. 111
(1) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das
folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis zu seinem Inkrafttreten die
Bundesregierung ermaechtigt, alle Ausgaben zu leisten, die noetig sind,
a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene
Maßnahmen durchzufuehren,
b) um die rechtlich begruendeten Verpflichtungen des Bundes zu erfuellen,
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen
für diese Zwecke weiter zu gewaehren, sofern durch den Haushaltsplan eines
Vorjahres bereits Betraege bewilligt worden sind.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetze beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben
und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelruecklage die Ausgaben unter Absatz 1
decken, darf die Bundesregierung die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsfuehrung
erforderlichen Mittel bis zur Hoehe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen
Haushaltsplanes im Wege des Kredits fluessig machen.
Art. 112
Überplanmaeßige und außerplanmaeßige Ausgaben beduerfen der
Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines
unvorhergesehenen und unabweisbaren Beduerfnisses erteilt werden. Naeheres kann
durch Bundesgesetz bestimmt werden.
Art. 113
(1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ausgaben des
Haushaltsplanes erhoehen oder neue Ausgaben in sich schließen oder für die
Zukunft mit sich bringen, beduerfen der Zustimmung der Bundesregierung. Das gleiche gilt
für Gesetze, die Einnahmeminderungen in sich schließen oder für die
Zukunft mit sich bringen. Die Bundesregierung kann verlangen, daß der Bundestag
die Beschlußfassung über solche Gesetze aussetzt. In diesem Fall hat die
Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen dem Bundestage eine Stellungnahme
zuzuleiten.
(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen, nachdem der Bundestag das
Gesetz beschlossen hat, verlangen, daß der Bundestag erneut Beschluß
faßt.
(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen, kann die Bundesregierung ihre
Zustimmung nur innerhalb von sechs Wochen und nur dann versagen, wenn sie vorher
das Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz 2 eingeleitet hat. Nach
Ablauf dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt.
Art. 114
(1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage und dem Bundesrate
über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über das Vermögen und die
Schulden im Laufe des naechsten Rechnungsjahres zur Entlastung der Bundesregierung
Rechnung zu legen.
(2) Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhaengigkeit besitzen,
prueft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmaeßigkeit der
Haushalts- und Wirtschaftsfuehrung. Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar
dem Bundestage und dem Bundesrate jaehrlich zu berichten. Im uebrigen werden die
Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt.
Art. 115
(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Buergschaften, Garantien
oder sonstigen Gewaehrleistungen, die zu Ausgaben in kuenftigen Rechnungsjahren
fuehren koennen, beduerfen einer der Hoehe nach bestimmten oder bestimmbaren
Ermaechtigung durch Bundesgesetz. Die Einnahmen aus Krediten duerfen die Summe
der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht
überschreiten; Ausnahmen sind nur zulaessig zur Abwehr einer Stoerung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Das Naehere wird durch Bundesgesetz
geregelt.
(2) Für Sondervermögen des Bundes koennen durch Bundesgesetz
Ausnahmen von Absatz 1 zugelassen werden.
Art. 115a
(1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder
ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit
Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung
und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem rechtzeitigen
Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist er
nicht beschlußfaehig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß diese Feststellung mit
einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit
seiner Mitglieder.
(3) Die Feststellung wird vom Bundespraesidenten gemaeß Artikel 82 im
Bundesgesetzblatte verkuendet. Ist dies nicht rechtzeitig möglich, so erfolgt die
Verkuendung in anderer Weise; sie ist im Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald die
Umstaende es zulassen.
(4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die zustaendigen
Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen,
so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkuendet, in dem der
Angriff begonnen hat. Der Bundespraesident gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die
Umstaende es zulassen.
(5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkuendet und wird das Bundesgebiet mit
Waffengewalt angegriffen, so kann der Bundespraesident voelkerrechtliche Erklaerungen
über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung des Bundestages
abgeben. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 tritt an die Stelle des Bundestages
der Gemeinsame Ausschuß.
Art. 115b
Mit der Verkuendung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt
über die Streitkraefte auf den Bundeskanzler über.
Art. 115c
(1) Der Bund hat für den Verteidigungsfall das Recht der konkurrierenden
Gesetzgebung auch auf den Sachgebieten, die zur Gesetzgebungszustaendigkeit der
Länder gehoeren. Diese Gesetze beduerfen der Zustimmung des Bundesrates.
(2) Soweit es die Verhaeltnisse waehrend des Verteidigungsfalles erfordern, kann durch
Bundesgesetz für den Verteidigungsfall
1. bei Enteignungen abweichend von Artikel 14 Abs. 3 Satz 2 die Entschaedigung
vorlaeufig geregelt werden,
2. für Freiheitsentziehungen eine von Artikel 104 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1
abweichende Frist, hoechstens jedoch eine solche von vier Tagen, für den Fall
festgesetzt werden, daß ein Richter nicht innerhalb der für Normalzeiten
geltenden Frist taetig werden konnte.
(3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwaertigen oder unmittelbar drohenden Angriffs
erforderlich ist, kann für den Verteidigungsfall durch Bundesgesetz mit Zustimmung
des Bundesrates die Verwaltung und das Finanzwesen des Bundes und der Länder
abweichend von den Abschnitten VIII, VIIIa und X geregelt werden, wobei die
Lebensfaehigkeit der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbaende, insbesondere
auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist.
(4) Bundesgesetze nach den Absaetzen 1 und 2 Nr. 1 duerfen zur Vorbereitung ihres
Vollzuges schon vor Eintritt des Verteidigungsfalles angewandt werden.
Art. 115d
(1) Für die Gesetzgebung des Bundes gilt im Verteidigungsfalle abweichend von
Artikel 76 Abs. 2, Artikel 77 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4, Artikel 78 und Artikel 82 Abs. 1
die Regelung der Absaetze 2 und 3.
(2) Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die sie als dringlich bezeichnet, sind
gleichzeitig mit der Einbringung beim Bundestage dem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag
und Bundesrat beraten diese Vorlagen unverzueglich gemeinsam. Soweit zu einem
Gesetze die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, bedarf es zum
Zustandekommen des Gesetzes der Zustimmung der Mehrheit seiner Stimmen. Das
Naehere regelt eine Geschaeftsordnung, die vom Bundestage beschlossen wird und der
Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(3) Für die Verkuendung der Gesetze gilt Artikel 115a Abs. 3 Satz 2 entsprechend.
Art. 115e
(1) Stellt der Gemeinsame Ausschuß im Verteidigungsfalle mit einer Mehrheit von
zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder
fest, daß dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche
Hindernisse entgegenstehen oder daß dieser nicht beschlußfaehig ist, so hat
der Gemeinsame Ausschuß die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt
deren Rechte einheitlich wahr.
(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf das Grundgesetz weder
geändert noch ganz oder teilweise außer Kraft oder außer Anwendung
gesetzt werden. Zum Erlaß von Gesetzen nach Artikel 24 Abs. 1 und Artikel 29 ist
der Gemeinsame Ausschuß nicht befugt.
Art. 115f
(1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit es die Verhaeltnisse
erfordern,
1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiete einsetzen;
2. außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen und, wenn sie
es für dringlich erachtet, den Landesbehoerden Weisungen erteilen und diese
Befugnis auf von ihr zu bestimmende Mitglieder der Landesregierungen übertragen.
(2) Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuß sind unverzueglich von
den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.
Art. 115g
Die verfassungsmaeßige Stellung und die Erfuellung der verfassungsmaeßigen
Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes und seiner Richter duerfen nicht
beeintraechtigt werden. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch
ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert werden, als dies
auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zur Aufrechterhaltung der
Funktionsfaehigkeit des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlaß eines solchen
Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht die zur Erhaltung der Arbeitsfaehigkeit des
Gerichtes erforderlichen Maßnahmen treffen. Beschluesse nach Satz 2 und Satz 3
faßt das Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit der anwesenden Richter.
Art. 115h
(1) Waehrend des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder
der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des
Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit des
Bundespraesidenten sowie bei vorzeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung
seiner Befugnisse durch den Praesidenten des Bundesrates enden neun Monate nach
Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalle ablaufende Amtszeit eines
Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtes endet sechs Monate nach Beendigung des
Verteidigungsfalles.
(2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den Gemeinsamen Ausschuß
erforderlich, so waehlt dieser einen neuen Bundeskanzler mit der Mehrheit seiner
Mitglieder; der Bundespraesident macht dem Gemeinsamen Ausschuß einen
Vorschlag. Der Gemeinsame Ausschuß kann dem Bundeskanzler das
Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit von zwei Dritteln
seiner Mitglieder einen Nachfolger waehlt.
(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Aufloesung des Bundestages
ausgeschlossen.
Art. 115i
(1) Sind die zustaendigen Bundesorgane außerstande, die notwendigen
Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu treffen, und erfordert die Lage unabweisbar
ein sofortiges selbstaendiges Handeln in einzelnen Teilen des Bundesgebietes, so sind
die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Behoerden oder Beauftragten
befugt, für ihren Zustaendigkeitsbereich Maßnahmen im Sinne des Artikels
115f Abs. 1 zu treffen.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 koennen durch die Bundesregierung, im Verhaeltnis
zu Landesbehoerden und nachgeordneten Bundesbehoerden auch durch die
Ministerpraesidenten der Länder, jederzeit aufgehoben werden.
Art. 115k
(1) Für die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze nach den Artikeln 115c, 115e
und 115g und Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergehen,
entgegenstehendes Recht außer Anwendung. Dies gilt nicht gegenüber
frueherem Recht, das auf Grund der Artikel 115c, 115e und 115g erlassen worden ist.
(2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuß beschlossen hat, und
Rechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergangen sind, treten spaetestens
sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles außer Kraft.
(3) Gesetze, die von den Artikeln 91a, 91b, 104a, 106 und 107 abweichende Regelungen
enthalten, gelten laengstens bis zum Ende des zweiten Rechnungsjahres, das auf die
Beendigung des Verteidigungsfalles folgt. Sie koennen nach Beendigung des
Verteidigungsfalles durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geändert
werden, um zu der Regelung gemaeß den Abschnitten VIIIa und X
überzuleiten.
Art. 115l
(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des Bundesrates Gesetze des
Gemeinsamen Ausschusses aufheben. Der Bundesrat kann verlangen, daß der
Bundestag hierüber beschließt. Sonstige zur Abwehr der Gefahr getroffene
Maßnahmen des Gemeinsamen Ausschusses oder der Bundesregierung sind
aufzuheben, wenn der Bundestag und der Bundesrat es beschließen.
(2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates jederzeit durch einen vom
Bundespraesidenten zu verkuendenden Beschluß den Verteidigungsfall für
beendet erklaeren. Der Bundesrat kann verlangen, daß der Bundestag hierüber
beschließt. Der Verteidigungsfall ist unverzueglich für beendet zu erklaeren,
wenn die Voraussetzungen für seine Feststellung nicht mehr gegeben sind.
(3) Über den Friedensschluß wird durch Bundesgesetz entschieden.
Art. 116
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher
Regelung, wer die deutsche Staatsangehoerigkeit besitzt oder als Fluechtling oder
Vertriebener deutscher Volkszugehoerigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkoemmling
in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937
Aufnahme gefunden hat.
(2) Fruehere deutsche Staatsangehoerige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und
dem 8. Mai 1945 die Staatsangehoerigkeit aus politischen, rassischen oder religioesen
Gruenden entzogen worden ist, und ihre Abkoemmlinge sind auf Antrag wieder
einzubuergern. Sie gelten als nicht ausgebuergert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren
Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen
zum Ausdruck gebracht haben.
Art. 117
(1) Das dem Artikel 3 Abs. 2 entgegenstehende Recht bleibt bis zu seiner Anpassung an
diese Bestimmung des Grundgesetzes in Kraft, jedoch nicht laenger als bis zum 31. Maerz
1953.
(2) Gesetze, die das Recht der Freizuegigkeit mit Ruecksicht auf die gegenwaertige
Raumnot einschraenken, bleiben bis zu ihrer Aufhebung durch Bundesgesetz in Kraft.
Art. 118
Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Wuerttemberg-Baden und
Wuerttemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den
Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen.
Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz
geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.
Art. 119
In Angelegenheiten der Fluechtlinge und Vertriebenen, insbesondere zu ihrer Verteilung
auf die Länder, kann bis zu einer bundesgesetzlichen Regelung die
Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Verordnungen mit Gesetzeskraft
erlassen. Für besondere Faelle kann dabei die Bundesregierung ermaechtigt
werden, Einzelweisungen zu erteilen. Die Weisungen sind außer bei Gefahr im
Verzuge an die obersten Landesbehoerden zu richten.
Art. 120
(1) Der Bund traegt die Aufwendungen für Besatzungskosten und die sonstigen
inneren und aeußeren Kriegsfolgelasten nach naeherer Bestimmung von
Bundesgesetzen. Soweit diese Kriegsfolgelasten bis zum 1. Oktober 1969 durch
Bundesgesetze geregelt worden sind, tragen Bund und Länder im Verhaeltnis
zueinander die Aufwendungen nach Maßgabe dieser Bundesgesetze. Soweit
Aufwendungen für Kriegsfolgelasten, die in Bundesgesetzen weder geregelt worden
sind noch geregelt werden, bis zum 1. Oktober 1965 von den Ländern, Gemeinden
(Gemeindeverbaenden) oder sonstigen Aufgabentraegern, die Aufgaben von
Ländern oder Gemeinden erfuellen, erbracht worden sind, ist der Bund zur
Übernahme von Aufwendungen dieser Art. auch nach diesem Zeitpunkt nicht
verpflichtet. Der Bund traegt die Zuschuesse zu den Lasten der Sozialversicherung mit
Einschluß der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe. Die durch diesen
Absatz geregelte Verteilung der Kriegsfolgelasten auf Bund und Länder laeßt
die gesetzliche Regelung von Entschaedigungsanspruechen für Kriegsfolgen
unberuehrt.
(2) Die Einnahmen gehen auf den Bund zu demselben Zeitpunkte über, an dem der
Bund die Ausgaben übernimmt.
Art. 120a
(1) Die Gesetze, die der Durchfuehrung des Lastenausgleichs dienen, koennen mit
Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß sie auf dem Gebiete der
Ausgleichsleistungen teils durch den Bund, teils im Auftrage des Bundes durch die
Länder ausgefuehrt werden und daß die der Bundesregierung und den
zustaendigen obersten Bundesbehoerden auf Grund des Artikels 85 insoweit zustehenden
Befugnisse ganz oder teilweise dem Bundesausgleichsamt übertragen werden. Das
Bundesausgleichsamt bedarf bei Ausuebung dieser Befugnisse nicht der Zustimmung des
Bundesrates; seine Weisungen sind, abgesehen von den Faellen der Dringlichkeit, an die
obersten Landesbehoerden (Landesausgleichsaemter) zu richten.
(2) Artikel 87 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberuehrt.
Art. 121
Mehrheit der Mitglieder des Bundestages und der Bundesversammlung im Sinne dieses
Grundgesetzes ist die Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitgliederzahl.
Art. 122
(1) Vom Zusammentritt des Bundestages an werden die Gesetze ausschließlich von
den in diesem Grundgesetze anerkannten gesetzgebenden Gewalten beschlossen.
(2) Gesetzgebende und bei der Gesetzgebung beratend mitwirkende Koerperschaften,
deren Zustaendigkeit nach Absatz 1 endet, sind mit diesem Zeitpunkt aufgeloest.
Art. 123
(1) Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages gilt fort, soweit es dem
Grundgesetze nicht widerspricht.
(2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staatsvertraege, die sich auf
Gegenstaende beziehen, für die nach diesem Grundgesetze die
Landesgesetzgebung zustaendig ist, bleiben, wenn sie nach allgemeinen
Rechtsgrundsaetzen gueltig sind und fortgelten, unter Vorbehalt aller Rechte und
Einwendungen der Beteiligten in Kraft, bis neue Staatsvertraege durch die nach diesem
Grundgesetze zustaendigen Stellen abgeschlossen werden oder ihre Beendigung auf
Grund der in ihnen enthaltenen Bestimmungen anderweitig erfolgt.
Art. 124
Recht, das Gegenstaende der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes betrifft,
wird innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht.
Art. 125
Recht, das Gegenstaende der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, wird
innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht,
1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen einheitlich gilt,
2. soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem 8. Mai 1945 frueheres
Reichsrecht abgeändert worden ist.
Art. 126
Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht
entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Art. 127
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung der Regierungen der beteiligten Länder
Recht der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, soweit es nach Artikel 124
oder 125 als Bundesrecht fortgilt, innerhalb eines Jahres nach Verkuendung dieses
Grundgesetzes in den Ländern Baden, Groß-Berlin, Rheinland-Pfalz und
Wuerttemberg-Hohenzollern in Kraft setzen.
Art. 128
Soweit fortgeltendes Recht Weisungsrechte im Sinne des Artikels 84 Abs. 5 vorsieht,
bleiben sie bis zu einer anderweitigen gesetzlichen Regelung bestehen.
Art. 129
(1) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht fortgelten, eine Ermaechtigung zum
Erlasse von Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie zur
Vornahme von Verwaltungsakten enthalten ist, geht sie auf die nunmehr sachlich
zustaendigen Stellen über. In Zweifelsfaellen entscheidet die Bundesregierung im
Einvernehmen mit dem Bundesrate; die Entscheidung ist zu veroeffentlichen.
(2) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Landesrecht fortgelten, eine solche
Ermaechtigung enthalten ist, wird sie von den nach Landesrecht zustaendigen Stellen
ausgeuebt.
(3) Soweit Rechtsvorschriften im Sinne der Absaetze 1 und 2 zu ihrer Änderung oder
Ergaenzung oder zum Erlaß von Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen
ermaechtigen, sind diese Ermaechtigungen erloschen.
(4) Die Vorschriften der Absaetze 1 und 2 gelten entsprechend, soweit in
Rechtsvorschriften auf nicht mehr geltende Vorschriften oder nicht mehr bestehende
Einrichtungen verwiesen ist.
Art. 130
(1) Verwaltungsorgane und sonstige der oeffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege
dienende Einrichtungen, die nicht auf Landesrecht oder Staatsvertraegen zwischen
Ländern beruhen, sowie die Betriebsvereinigung der suedwestdeutschen
Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das Post- und Fernmeldewesen für
das franzoesische Besatzungsgebiet unterstehen der Bundesregierung. Diese regelt mit
Zustimmung des Bundesrates die Überfuehrung, Aufloesung oder Abwicklung.
(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehoerigen dieser Verwaltungen und
Einrichtungen ist der zustaendige Bundesminister.
(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsvertraegen zwischen den Ländern
beruhende Koerperschaften und Anstalten des oeffentlichen Rechtes unterstehen der
Aufsicht der zustaendigen obersten Bundesbehoerde.
Art. 131
Die Rechtsverhaeltnisse von Personen einschließlich der Fluechtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im oeffentlichen Dienste standen, aus anderen als
beamten- oder tarifrechtlichen Gruenden ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht
ihrer frueheren Stellung entsprechend verwendet werden, sind durch Bundesgesetz zu
regeln. Entsprechendes gilt für Personen einschließlich der Fluechtlinge und
Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigt waren und aus anderen als
beamten- oder tarifrechtlichen Gruenden keine oder keine entsprechende Versorgung
mehr erhalten. Bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes koennen vorbehaltlich
anderweitiger landesrechtlicher Regelung Rechtsansprueche nicht geltend gemacht
werden.
Art. 132
(1) Beamte und Richter, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Grundgesetzes auf
Lebenszeit angestellt sind, koennen binnen sechs Monaten nach dem ersten
Zusammentritt des Bundestages in den Ruhestand oder Wartestand oder in ein Amt mit
niedrigerem Diensteinkommen versetzt werden, wenn ihnen die persoenliche oder
fachliche Eignung für ihr Amt fehlt. Auf Angestellte, die in einem unkuendbaren
Dienstverhaeltnis stehen, findet diese Vorschrift entsprechende Anwendung. Bei
Angestellten, deren Dienstverhaeltnis kuendbar ist, koennen über die
tarifmaeßige Regelung hinausgehende Kuendigungsfristen innerhalb der gleichen
Frist aufgehoben werden.
(2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Angehoerige des oeffentlichen
Dienstes, die von den Vorschriften über die 'Befreiung von Nationalsozialismus und
Militarismus' nicht betroffen oder die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus sind,
sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer Person vorliegt.
(3) Den Betroffenen steht der Rechtsweg gemaeß Artikel 19 Abs. 4 offen.
(4) Das Naehere bestimmt eine Verordnung der Bundesregierung, die der Zustimmung
des Bundesrates bedarf.
Art. 133
Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung des Vereinigten
Wirtschaftsgebietes ein.
Art. 134
(1) Das Vermögen des Reiches wird grundsaetzlich Bundesvermögen.
(2) Soweit es nach seiner urspruenglichen Zweckbestimmung überwiegend für
Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach diesem Grundgesetze nicht
Verwaltungsaufgaben des Bundes sind, ist es unentgeltlich auf die nunmehr zustaendigen
Aufgabentraeger und, soweit es nach seiner gegenwaertigen, nicht nur
vorübergehenden Benutzung Verwaltungsaufgaben dient, die nach diesem
Grundgesetze nunmehr von den Ländern zu erfuellen sind, auf die Länder zu
übertragen. Der Bund kann auch sonstiges Vermögen den Ländern
übertragen.
(3) Vermögen, das dem Reich von den Ländern und Gemeinden
(Gemeindeverbaenden) unentgeltlich zur Verfuegung gestellt wurde, wird wiederum
Vermögen der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbaende), soweit es nicht
der Bund für eigene Verwaltungsaufgaben benoetigt.
(4) Das Naehere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Art. 135
(1) Hat sich nach dem 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten dieses Grundgesetzes die
Landeszugehoerigkeit eines Gebietes geändert, so steht in diesem Gebiete das
Vermögen des Landes, dem das Gebiet angehoert hat, dem Lande zu, dem es jetzt
angehoert.
(2) Das Vermögen nicht mehr bestehender Länder und nicht mehr
bestehender anderer Koerperschaften und Anstalten des oeffentlichen Rechtes geht,
soweit es nach seiner urspruenglichen Zweckbestimmung überwiegend für
Verwaltungsaufgaben bestimmt war, oder nach seiner gegenwaertigen, nicht nur
vorübergehenden Benutzung überwiegend Verwaltungsaufgaben dient, auf
das Land oder die Koerperschaft oder Anstalt des oeffentlichen Rechtes über, die
nunmehr diese Aufgaben erfuellen.
(3) Grundvermögen nicht mehr bestehender Länder geht einschließlich
des Zubehoers, soweit es nicht bereits zu Vermögen im Sinne des Absatzes 1
gehoert, auf das Land über, in dessen Gebiet es belegen ist.
(4) Sofern ein überwiegendes Interesse des Bundes oder das besondere Interesse
eines Gebietes es erfordert, kann durch Bundesgesetz eine von den Absaetzen 1 bis 3
abweichende Regelung getroffen werden.
(5) Im uebrigen wird die Rechtsnachfolge und die Auseinandersetzung, soweit sie nicht bis
zum 1. Januar 1952 durch Vereinbarung zwischen den beteiligten Ländern oder
Koerperschaften oder Anstalten des oeffentlichen Rechtes erfolgt, durch Bundesgesetz
geregelt, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(6) Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen des privaten
Rechtes gehen auf den Bund über. Das Naehere regelt ein Bundesgesetz, das auch
Abweichendes bestimmen kann.
(7) Soweit über Vermögen, das einem Lande oder einer Koerperschaft oder
Anstalt des oeffentlichen Rechtes nach den Absaetzen 1 bis 3 zufallen wuerde, von dem
danach Berechtigten durch ein Landesgesetz, auf Grund eines Landesgesetzes oder in
anderer Weise bei Inkrafttreten des Grundgesetzes verfuegt worden war, gilt der
Vermögensübergang als vor der Verfuegung erfolgt.
Art. 135a
(1) Durch die in Artikel 134 Abs. 4 und Artikel 135 Abs. 5 vorbehaltene Gesetzgebung des
Bundes kann auch bestimmt werden, daß nicht oder nicht in voller Hoehe zu
erfuellen sind
1. Verbindlichkeiten des Reiches sowie Verbindlichkeiten des ehemaligen Landes
Preußen und sonstiger nicht mehr bestehender Koerperschaften und Anstalten des
oeffentlichen Rechts,
2. Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Koerperschaften und Anstalten des
oeffentlichen Rechts, welche mit dem Übergang von Vermögenswerten nach
Artikel 89, 90, 134 und 135 im Zusammenhang stehen, und Verbindlichkeiten dieser
Rechtstraeger, die auf Maßnahmen der in Nummer 1 bezeichneten Rechtstraeger
beruhen,
3. Verbindlichkeiten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbaende), die aus
Maßnahmen entstanden sind, welche diese Rechtstraeger vor dem 1. August 1945
zur Durchfuehrung von Anordnungen der Besatzungsmaechte oder zur Beseitigung eines
kriegsbedingten Notstandes im Rahmen dem Reich obliegender oder vom Reich
übertragener Verwaltungsaufgaben getroffen haben.
(2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung auf Verbindlichkeiten der Deutschen
Demokratischen Republik oder ihrer Rechtstraeger sowie auf Verbindlichkeiten des
Bundes oder anderer Koerperschaften und Anstalten des oeffentlichen Rechts, die mit
dem Übergang von Vermögenswerten der Deutschen Demokratischen
Republik auf Bund, Länder und Gemeinden im Zusammenhang stehen, und auf
Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der Deutschen Demokratischen Republik oder
ihrer Rechtstraeger beruhen.
Art. 136
(1) Der Bundesrat tritt erstmalig am Tage des ersten Zusammentrittes des Bundestages
zusammen.
(2) Bis zur Wahl des ersten Bundespraesidenten werden dessen Befugnisse von dem
Praesidenten des Bundesrates ausgeuebt. Das Recht der Aufloesung des Bundestages
steht ihm nicht zu.
Art. 137
(1) Die Waehlbarkeit von Beamten, Angestellten des oeffentlichen Dienstes,
Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern
und den Gemeinden kann gesetzlich beschraenkt werden.
(2) Für die Wahl des ersten Bundestages, der ersten Bundesversammlung und des
ersten Bundespraesidenten der Bundesrepublik gilt das vom Parlamentarischen Rat zu
beschließende Wahlgesetz.
(3) Die dem Bundesverfassungsgerichte gemaeß Artikel 41 Abs. 2 zustehende
Befugnis wird bis zu seiner Errichtung von dem Deutschen Obergericht für das
Vereinigte Wirtschaftsgebiet wahrgenommen, das nach Maßgabe seiner
Verfahrensordnung entscheidet.
Art. 138
Änderungen der Einrichtungen des jetzt bestehenden Notariats in den Ländern
Baden, Bayern, Wuerttemberg-Baden und Wuerttemberg-Hohenzollern beduerfen der
Zustimmung der Regierungen dieser Länder.
Art. 139
Die zur 'Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus'
erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes
nicht beruehrt.
Art. 140
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom
11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
Art. 141
Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung in einem Lande, in dem am 1. Januar 1949
eine andere landesrechtliche Regelung bestand.
Art. 142
Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungen der Landesverfassungen
auch insoweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses
Grundgesetzes Grundrechte gewaehrleisten.
Art. 142a (aufgehoben)
Art. 143
(1) Recht in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet kann laengstens bis
zum 31. Dezember 1992 von Bestimmungen dieses Grundgesetzes abweichen, soweit
und solange infolge der unterschiedlichen Verhaeltnisse die voellige Anpassung an die
grundgesetzliche Ordnung noch nicht erreicht werden kann. Abweichungen duerfen nicht
gegen Artikel 19 Abs. 2 verstoßen und muessen mit den in Artikel 79 Abs. 3
genannten Grundsaetzen vereinbar sein.
(2) Abweichungen von den Abschnitten II, VIII, VIIIa, IX, X und XI sind laengstens bis zum
31. Dezember 1995 zulaessig.
(3) Unabhaengig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des Einigungsvertrags und
Regelungen zu seiner Durchfuehrung auch insoweit Bestand, als sie vorsehen, daß
Eingriffe in das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses Vertrags genannten Gebiet nicht
mehr rueckgaengig gemacht werden.
Art. 144
(1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die Volksvertretungen in zwei Dritteln
der deutschen Länder, in denen es zunaechst gelten soll.
(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes in einem der in Artikel 23 aufgefuehrten
Länder oder in einem Teile eines dieser Länder Beschraenkungen unterliegt,
hat das Land oder der Teil des Landes das Recht, gemaeß Artikel 38 Vertreter in den
Bundestag und gemaeß Artikel 50 Vertreter in den Bundesrat zu entsenden.
Art. 145
(1) Der Parlamentarische Rat stellt in oeffentlicher Sitzung unter Mitwirkung der
Abgeordneten Groß-Berlins die Annahme dieses Grundgesetzes fest, fertigt es aus
und verkuendet es.
(2) Dieses Grundgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Verkuendung in Kraft.
(3) Es ist im Bundesgesetzblatte zu veroeffentlichen.
Art. 146
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für
das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gueltigkeit an dem Tage, an dem eine
Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen
worden ist.
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